Das neue Philosophenportal by Robert Zimmer

Das neue Philosophenportal by Robert Zimmer

Autor:Robert Zimmer
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Herausgeber: dtv
veröffentlicht: 2011-08-07T13:09:45+00:00


Die Publikation des Emile 1762 alarmierte sofort die Zensur und löste erhebliche Turbulenzen im Leben Rousseaus aus. Er musste Paris fluchtartig verlassen und sich viele Jahre lang dem Zugriff der Behörden entziehen. Nicht die im Buch dargelegten Erziehungsmethoden, sondern die im »Glaubensbekenntnis des savoyischen Vikars« enthaltenen unorthodoxen Ansichten über die Religion hatten zur Beschlagnahmung und sogar zur Verbrennung des Buches geführt. Auch von Zeitgenossen erfuhr Rousseau Kritik. Voltaire war der Erste, der darüber spottete, dass ein Mann, der seine fünf Kinder ins Findelhaus gesteckt hatte, beanspruchte, den Leser über Erziehung zu belehren.

Rousseau selbst war davon überzeugt, dass Emile von allen seinen Büchern die größte Wirkung haben werde. Und spätestens als die Jakobiner seinen Leichnam ins Pariser Pantheon überführten, begann Rousseaus Karriere als Epochendenker. Die Aufklärer beriefen sich auf seine Gesellschaftskritik, sein Plädoyer für Bürgertugenden und seine Forderung nach Mündigkeit des Individuums. So ist die von Immanuel Kant formulierte klassische Forderung der Aufklärung: »Wage es, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!« unmittelbar den Erziehungsgrundsätzen des Emile entnommen. Der von Rousseau initiierte Kult der Empfindsamkeit und Natürlichkeit, der das späte 18. und frühe 19. Jahrhundert beherrschte, fand in Goethes Werther einen Höhepunkt. Rousseau wurde damit auch zum philosophischen Anreger der Romantik.

Vor allem aber kann Rousseau als Vater der modernen Pädagogik gelten, wie sie von dem Schweizer Rousseau-Verehrer Johann Heinrich Pestalozzi Ende des 18. Jahrhunderts begründet wurde. Die Erziehungsprinzipien der Selbstentfaltung der natürlichen Kräfte und der ganzheitlichen Erfahrung haben aber auch so unterschiedliche Denker wie Rudolf Steiner, den Begründer der Anthroposophie, oder John Dewey, den wichtigsten Erziehungstheoretiker des amerikanischen Pragmatismus, beeinflusst. Rousseaus Geist ist in allen pädagogischen Reformbewegungen des 20. Jahrhunderts spürbar und lebt auch in der Zivilisationskritik des zeitgenössischen ökologischen Denkens fort.

Rousseaus Emile ist das Werk eines philosophischen Restaurators: Hinter den Prägungen der Kultur, den sozialen Schranken und den gesellschaftlichen Konventionen hat er das Bild des Naturmenschen freigelegt, das bis heute in frischen und kräftigen Farben leuchtet. Für viele ist es das Bild des authentischen Menschen geblieben.



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